Unzulässige Abschalteirichtung auch beim EA 288?

Viele VW Manager wussten offenbar Bescheid
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Wir hatten bereits über die Feststellungen und den Verdacht des SWR über eine Prüfstandserkennung und somit einer unzulässigen Abschalteinrichtung berichtet.

Nun kommen weitere Details ans Tageslicht, die auf internen Unterlagen des VW-Konzerns beruhen. Den Hinweis dazu gab der Abgas-Experte und ehemalige Referatsleiter des Umweltbundesamtes Axel Friedrich. „Er war nach Durchsicht der Unterlagen zu dem Ergebnis gekommen, dass im ‚EA 288‘ eine Zykluserkennung und eine Abschalteinrichtung vorhanden seien. Diese hat Axel Friedrich nun dem zuständigen Abteilungsleiter beim Kraftfahrtbundesamt zur Prüfung ausgehändigt. Friedrich ist überzeugt: ‚Das Kraftfahrtbundesamt wird in diesen Dokumenten erkennen, dass es mindestens bis Mitte 2016 bei dem Modell EA288 eine Abschalteinrichtung gegeben hat’“, so der SWR.

Dann hätte VW auch nach der Entdeckung des Abgas-Skandals bei den EA 189 Motoren beim Nachfolger, dem EA 288 einfach weiter manipuliert.

Der SWR berichtet weiter: „Aus den Unterlagen geht außerdem hervor, dass ab Mitte 2016 neue Software-Versionen in die Motorsteuerung der Fahrzeuge aufgespielt wurden. Dabei wurden offenbar die sogenannten ‚Fahrkurven‘ gelöscht. Fahrkurven sind eine Möglichkeit für ein Fahrzeug, um zu erkennen, ob es auf dem Prüfstand steht. In der technischen Beschreibung des Motors heißt es dazu: ‚Ab KW22/16 (für SOP, Modellpflege): Bei neuen Freigaben sind die Fahrkurven aus der Software entfernt.‘ Axel Friedrich schließt daraus, dass die Fahrzeuge mit dem Motor EA 288 von 2012 bis zum Jahr 2016 solche Fahrkurven enthalten haben“.

Einer der entscheidenden Sätze in dem VW-Dokument, welches dem SWR vorliegt ist die Steuerungs-Strategie für die Abgasnachbehandlung: „SCR: Bedatung, Aktivierung und Nutzung der Erkennung des Precon und NEZF, um die Umschaltung der Rohemissionsbedatung (AGR High/low) streckengesteuert auszulösen.“ Was soviel heißt wie, dass die Motorsteuerung einen Prüfstandslauf und die Vorkonditionierung (Preconditioning) für einen Abgastest erkennt. Das ist auch notwendig, denn in einer Laborsituation auf dem Rollenprüfstand würden sonst zum Beispiel das ABS und auch andere Regelsysteme die Prüfungsfahrten behindern. Allerdings könnte das Fahrzeug auch erkennen, dass es sich in einem Prüfstandslauf befindet und in die Abgasnachbehandlung eingreifen, was dann eine unzuzlässige Abschalteinrichtung darstellen würde.

Mit dieser Thematik wurden nun zwei Abgasexperten konfrontiert.

Dr. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist einer der führenden Experten für Abgasnachbehandlung und SCR-Systeme. Er meint: „Bei der Softwareentwicklung und vor allem der Bedatung der tausenden von Kennfeldern und Funktionsparametern ist entscheidend, mit welcher Intention die Softwarestruktur genutzt wird. Missbrauch oder absolut sinngemäße Nutzung sind beides möglich. Unstrittig gab es inakzeptable ziemlich alte Softwarestände, gleichwohl sind unzählige PKW Fahrzeuge mit EA288 Euro 6-Applikation seit dessen Einführung nicht auffällig hinsichtlich einer Zykluserkennung getestet worden. Nach meinen Kenntnissen ist die absolut sinngemäße Nutzung der Software für neuere Euro-6-Fahrzeuge vor dem Untersuchungsausschuss bestätigt und von den sehr präzise analysierenden Experten des KBA ebenfalls zustimmend bewertet worden. Es ist zweifellos noch besser, dass die Software heute gar nicht mehr die Weg-Zeit Funktion enthält“

Entwicklungsingenieur Michael Müller hat bei einem großen Zulieferer für diverse Autohersteller SCR-Systeme entwickelt. Er meint: „Wenn ich im Voraus das Fahrprofil (z.B. NEFZ) einer Fahrt kenne, kann ich die Abgasreinigung drauf besser einstellen als bei einem unbekannten Fahrprofil. Für den Betrug ist eine Zykluserkennung notwendig. Das Vorhandensein einer Zykluserkennung ist im Umkehrschluss aber kein 100-prozentiger Nachweis für einen Betrug“.

Dieser Nachweis kann allerdings erbracht werden, wenn bei einem Fahrzeug mit EA 288-Motor, bei dem das von VW freiwillig zugesagte Software-Update noch nicht aufgespielt wurde, Emissionsmessungen bei tieferen Temperaturen durchgeführt werden und es zu Auffälligkeiten/Abweichungen kommt.

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Veröffentlicht von

Rechtsanwalt Alexander Jüngst, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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