VW schlingert nach dem VW-Abgasskandal in eine neue Affäre. Der Konzern hat Tausende sogenannter Vorserienfahrzeuge in „unklarem Bauzustand“ ungeprüft an ahnungslose Kunden in aller Welt verkauft. Fast 17.000 solcher Versuchsmodelle, die „Problematiken unterliegen“ hat VW von 2006 bis 2015, „ohne Prüfung und Korrektur vermarktet“, wie es in einem Bericht der VW-Revision heißt. Deren Prüfer hatten im Juli 2016 Alarm geschlagen und in einer als „vertraulich“ eingestuften Mitteilung „dringenden bereichsübergreifenden Handlungsbedarf“ festgestellt. Darunter sind einige, die gefährlich sein könnten, weil keiner sagen kann, welche Teile in ihnen verbaut wurden. Die Käufer ließ der Konzern jahrelang in dem Glauben herumfahren, ihr Wagen komme aus der normalen Serie, geprüft auf alle Funktionen, fehlerfrei. In einem im Oktober 2016 vorgelegten Bericht monierten sie „erhebliche Schwächen“; die „Governanceaufgaben“, also die Verantwortung für saubere Geschäfte, seien „im Wesentlichen nicht wahrgenommen worden“ – eine deutliche Kritik am Topmanagement des Konzerns.
Der jetzige Konzernchef Diess war durch mehrere Revisionsberichte seit Juli 2016 über das Problem und die damit zusammenhängenden Risiken informiert. Dennoch dauerte es mehr als zwei Jahre, bis VW Anfang Dezember 2018 Tausende Kunden anschrieb, sich bei ihnen entschuldigte und sie aufforderte, dem Konzern ihre Autos zurückzuverkaufen.
Im September 2018 informierte VW das Kraftfahrt-Bundesamt, welches einen verpflichtenden Rückruf anordnete und die EU informierte. „Diese Fahrzeuge sind unzulässig in den Verkehr gekommen“, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium.
Neben den möglichen Problemen und Risiken fanden die Revisionsexperten sogar Hinweise auf Manipulationen. Werke hätten „manuell“ Karosserie-Nummern von Vorserienfahrzeuge auf den Starttermin der regulären Serie verschoben und so das echte Herstellungsdatum verschleiert.
Nicht nur Tausende Kunden, die teils jahrelang mit Fahrzeugen ohne gültige Betriebserlaubnis durch die Gegend fuhren, fühlen sich betrogen. Auch in der Bundesregierung ist man einmal mehr sauer auf einen Konzern, dessen Interessen man zu schützen versucht – und der dann der Politik mit einer neuen Affäre wieder in den Rücken fällt.
Das Bundesverkehrsministerium hat VW nun als Folge dazu verdonnert, sein Qualitätsmanagement zu prüfen. Das Vertrauen in die Führungsetage scheint in Berlin also aufgebraucht zu sein, zumindest was das operative Geschäft angeht. Jetzt droht auch ein Bußgeld dafür, dass gegen Zulassungsregeln verstoßen worden sein dürfte. „Im Moment wird dies geprüft, da es um verschiedene Verstöße aus dem Bereich der Typgenehmigungsvorschriften gehen könnte“, teilt das Ministerium mit.
Die Strafe könnte für VW empfindlich ausfallen., denn der Bußgeldkatalog sieht bis zu 5.000 €/Fahrzeug für das Vergehen vor, was eine Summe von 20 Millionen Euro ergeben könnte.
Nach dem VW-Abgasskandal (Diesel), den Ungereimtheiten bzgtl. der CO2-Werte und dem nunmher unzulässigen Inverkehrbringen von Vorserienfahrzeugen dürfte VW sowohl in der bislang schützend zur Seite stehenden Politik, als auch bei den Behörden und nicht zuletzt bei den Kunden das letztes Vertrauen endgültig verspielt bzw. aufgebraucht haben.