In den USA ist nun ein weitere Autobauer, Fiat/Chrysler wegen möglichen Abgasbetrugs ins Visier der Behörden geraten. Der italienisch-amerikanische Branchenriese Fiat Chrysler (FCA) stehe im Verdacht, bei rund 100.000 Dieselwagen die Emissionswerte gefälscht und damit gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen zu haben. So soll auch Fiat Chrysler einen „defeat device“ eingesetzt haben.
Betroffen sind laut dem US-Umweltamt EPA rund 104.000 SUVs und Pick-Ups der Modelle Jeep Grand Cherokee und Dodge Ram 1500 mit 3.0 l Motoren aus den Baujahren 2014 bis 2016.Laut EPA wurden in den Autos mindestens acht Abgassteuergeräte, sogenannte AECDs, entdeckt, deren Existenz FCA verschwiegen hatte. Der Einbau solcher AECDs ist nicht grundsätzlich verboten. Er kann vielmehr verhindern, dass in extremen Situationen, etwa an steilen Bergen, der Motor durch die auf Hochtouren laufende Abgasreinigung beschädigt wird. Für einen kurzen Moment sind dann überhöhte Schadstoffemissionen erlaubt.
Die Verwendung der Geräte und der zugrunde liegenden Software muss aber einzeln beantragt und von den Umweltbehörden genehmigt werden. Passiert das nicht, können EPA und CARB eine AECD als „defeat device“, also als Betrugssoftware, einstufen. Exakt das war bei VW passiert. Ingenieure hatten mit Hilfe des „defeat device“ die Abgasreinigung dauerhaft ausgeschaltet, weil sie sich anders nicht in der Lage sahen, die Konzernvorgaben an Leistung und Kosten der Motoren einzuhalten.
EPA-Vizechefin Cynthia Giles warf FCA einen „schweren Verstoß“ gegen die Umweltgesetze der USA vor. Der Konzern müsse jetzt darlegen, wozu er die Steuergeräte eingebaut habe und warum es sich nicht um eine verbotene Abschaltvorrichtung handle. „Bis heute ist das FCA nicht gelungen“, sagte Giles. Um welchen Wert die AECDs den Stickoxid-Ausstoß der Wagen erhöhten, wird den Angaben zufolge noch untersucht. Bisher wurden nur die Modelljahre 2014 bis 2016 überprüft. Es ist also wahrscheinlich, dass sich die Zahl der betroffenen Pkw noch erhöhen wird.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Fiat/Chrysler in Deutschland schon seit Längerem unter Verdacht steht. So warf Verkehrsminister Alexander Dobrindt im September 2016 Fiat/Chrysler bereits vor, eine unzulässige Abschalteinrichtungen bei Dieselmotoren verwendet zu haben.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte bei Tests von zwei Fiat 500X, einem Fiat Doblo und einem Jeep Renegade, festgestellt, dass sich die Abgasreinigung nach 22 Minuten abschaltet. Vor dem Hintergrund, dass der Testzyklus auf dem Prüfstand lediglich 20 Minuten dauert, deutet vieles auf einen weiteren Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen hin. Allerdings konnte die deutsche Zulassungsbehörde nichts gegen die festegestellte Zeitschaltuhr unternehmen. Zuständig ist nach EU-Recht die Behörde, die auch die Typ-Genehmigung für das Fahrzeug erteilt hat. Und das ist in dem Fall das italienische Verkehrsministerium in Rom. Das aber konnte an dem Mini-SUV nichts Schlechtes finden. Die Italiener hatten die deutschen Vorwürfe zurückgewiesen. Die Vorschriften würden eingehalten, die Abschalteinrichtung diene dem Motorschutz und sei folglich legal.
Insider kritisieren die italienischen Nachtests als völlig unzureichend. Das Test-Design sei – bewusst oder unbewusst – so gewählt worden, dass man die Abschalteinrichtung gar nicht habe entdecken können. Jetzt soll Brüssel den Schiedsrichter spielen. Die EU-Kommission soll ein so genanntes Konsultationsverfahren einleiten. Das heißt: Sie soll mit deutschen und italienischen Behörden klären, wie es zu einer so unterschiedlichen Auslegung der Vorschriften kommen konnte.
Vermutlich schützt die italienische Politik seinen Autobauer ebenso, wie es die Politik hierzulande mit VW tut.