LG Kleve contra VW, T6 2.0, EA288, Euro6

Das LG Kleve hat VW in dem Verfahren Az. 3 O 158/20 zu Schadenersatz wegen voprsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt.

VW muss das streitgegenständliche Fahrzeug, einen VW T6 Multivan 2.0 TDI (Bulli) mit dem Motortyp EA288 und der Abgasnorm Euro 6 zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten.

Damit reiht sich das LG Kleve in eine Reihe von Gerichten ein, die bei dem Motortyp EA288 unzulässige Abschalteinrichtungen sehen und damit den Abgasskandal 2.0.

Das LG Kleve betonte in seiner Entscheidung, dass in dem Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, indem das Fahrzeug über eine vorprogrammierte Fahrkurve verfügt, die den Prüfstand erkennt.

Das klägerische Fahrzeug war von einer technischen Konformitätsabweichung im Hinblick auf die Sicherstellung einer repräsentativen KI-Familienbindung erfasst. Der KI-Faktor gibt das Verhältnis der Immissionen bei Zyklen mit und ohne Regenerationsfaktor wieder und gestattet es, einen Durchschnitt aus mehreren Prüfergebnissen zu bilden.

Hintergrund der Konformitätsabweichung war die Feststellung, dass der tatsächliche KI-Faktor nicht zu dem passte, der bei der Typengenehmigung für die relevante Fahrzeugfamilie zugrunde gelegt wurde. VW stellte selbst fest, dass sich der KI-Faktor mit den Datenständen der Feldfahrzeuge nicht reproduzieren liest. Dies teilte VW dem KBA dann auch mit. Zur Behebung der Konformitätsabweichung hat VW ein vom KBA freigegebenes Softwareupdate unter dem Rückrufcode „23Z7“ entwickelt.

Das LG Kleve geht davon aus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Typengenehmigung nicht hätte erhalten dürfen, weil es nicht den Vorgaben des genehmigten Typs nach der Abgasnorm Euro 6 entspreche. Die relevanten Grenzwerte seien bei dem streitgegenständlichen Fahrzeugmodell bei Mitteilung der tatsächlichen, zur Ermittlung des KI-Faktors relevanten Werte, nicht einzuhalten gewesen. Deswegen hat VW dem KBA einen fiktiven KI-Faktor vorgelegt.

Ferner geht das LG Kleve davon aus, dass VW den Kläger durch die Übermittlung falscher Werte an das KBA im Rahmen des Typengenehmigung vorsätzlich sittenwidrig getäuscht hat.

Die VW trägt dagegen vor keine falschen Werte übermittelt zu haben, sondern die Werte, die anhand der damals vorliegenden Daten berechnet wurden.

Im Frühjahr 2021 hatte das LG Kleve VW mit Hinweisbeschluss ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verhalten die Annahme nahe lege, dass die Übermittlung eines fiktiven KI-Faktors ein Erschleichen der Typengenehmigung sein könne und es für ein abweichendes Verständnis nähere Erläuterungen bedürfe.

VW hat es dennoch unterlassen darzulegen, aus welchen Grund dem KBA korrekturbedürftige Werte mitgeteilt wurden. Außerdem lässt sich VW nicht dazu ein, wie und aus welchem Grund es hierbei zu Fehlern kam und ob dabei die richtigen Daten berücksichtigt wurden oder nicht. Ebenso trägt VW nicht vor, was genau der Grund und Zweck der Übermittlung des unzutreffenden KI-Faktors für die Fahrzeuge war.

Das LG Kleve geht somit davon aus, dass die Mitteilung der fiktiven KI-Werte von VW an das KBA lediglich dazu diente eine Typgenehmigung zu erhalten (erschleichen). Denn bei Verwendung der tatsächlich zutreffenden KI-Werte wäre eine Einhaltung der relevanten Emmisionsgrenzwerte nicht gewährleistet. In diesem Verhalten, so das LG Kleve, liegt eine bewusste Täuschung zu Zwecken der Kostensenkung und Gewinnmaximierung in Kenntnis der möglichen Folge der Stilllegung für die Käufer vor.

Das LG Kleve ist davon überzeugt, dass das Fahrzeug keine Typgenehmigung erhalten hätte, wenn VW nicht die Entscheidung getroffen hätte einen fiktiven KI-Wert an das KBA zu übermitteln.

LG Frankenthal contra Stellantis

Das LG Frankenthal hat Stellantis mit Urteil vom 27.10.2021, Az.: 5 O 40/21 zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt.

Stellantis hatte sich zu der Klage nicht eingelassen, so dass das LG Frankenthal ein Versäumnisurteil erlies.

Streitgegenständlich war ein Pössl 2Win mit dem Fiat Ducato 2.3 l Multijet mit 150 PS und der Abgasnorm Euro 6b.

Die Fiatmotoren der Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 (mit Ausnahme der Euro 6d temp) sind so programmiert, dass die Abgasreinigung nach ca. 22 Minuten deaktiviert wird. Der Testlauf auf dem Prüfstand dauert ca. 20 Minuten, so dass die Fahrzeuge auf dem Prüfstand die Abgasnormen einhalten, im Realverkehr aber gar keine Abgasnorm einhalten bzw. besitzen.

OLG Celle holt amtliche Auskunft zum EA898, Porsche Cayenne S 4.2 ein

Das OLG Celle hat in dem Verfahren Az. 16 U 520/21 einen Beweisbeschluss vom 01.11.2021 verfügt und richtet in dem Zusammenhang eine Reihe von Fragen an das KBA.

In dem Beweisbeschluss wirft das OLG Celle relevante Fragen auf:

Unter anderem geht es darum, ob der streitgegenständliche Porsche Cayenne nach Abschluss des ursprünglichen EG-Typengenehmigungsverfahrens vom KBA auf das eventuelle Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung überprüft worden ist und wenn ja, mit welchem Ergebnis.

Sind in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut, zum Beispiel in Form eines „Thermofensters“, einer Funktion, die den Rollenprüfstand mittels des Lenkwinkels erkennt und/oder eines Warmlauf-Schaltprogramms? Sollte eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegen, will das OLG Celle wissen, ob es sich nach der Bewertung des KBA um eine Software handelt, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet.

Ist das Fahrzeug von einem amtlichen Rückruf des KBA betroffen und bejahendenfalls, liegt der Grund dafür in seinem Emissionsverhalten?

Hat die Beklagte im Typengenehmigungsverfahren gegenüber dem KBA, das zu den Quellcodes der Software keinen Zugang hat, sondern auf die schriftlichen Angaben des Herstellers angewiesen ist, hinsichtlich des Emissionsverhaltens des betreffenden Fahrzeugtyps unzutreffende oder (nach damaligem Maßstab) unvollständige Angaben gemacht? Wenn ja, welche Angaben waren dies?

LG Siegen contra Audi, Porsche Macan S 3.0, EA897evo

Das LG Siegen hat Audi mit Urteil vom 19.10.2021, Az. 2 O 295/20 zu Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Audi muss das streitgegenständliche Fahrzeug, einen Porsche Macan S 3.0 TDI Euro6, der über den Motortyp EA897evo verfügt, zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Auf den Kaufpreis hat sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen zu lassen.

Das LG Siegen bestätigt mit dieser Entscheidung, dass beim EA897evo, Euro6 unzulässige Abschalteinrichtungen vorliegen.

Der Kläger hat vor Gericht ausreichend substantiiert dargelegt, dass vier verschiedene Aufheizstrategien in dem Porsche Macan S 3.0 vorliegen, die ausschließlich dem Zweck dienen, die NOx-Grenzwerte auf dem Prüfstand sicher einzuhalten und eine ordnungsgemäß funktionierende Abgasnachbehandlung im normalen Straßenbetrieb zu unterbinden, so das LG Siegen.

LG Chemnitz contra Audi, Audi SQ5 3.0 TDI, Euro 5

Das LG Chemnitz hat Audi mit Urteil vom 16.08.2021, Az. 4 O 142/21 zu Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Audi muss das streitgegenständliche Fahrzeug, einen Audi SQ5 3.0 TDI Euro5 zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Auf den Kaufpreis hat sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen zu lassen.

Das Fahrzeug verfügt über eine unzulässige Abschalteirichtung. Das LG Chemnitz entschied anhand eines Sachverständigengutachtens.

Die im Gutachten ermittelten unterschiedlichen Abgaswerte auf dem Prüfstand, bei der der Prüfablauf exakt gleich durchgeführt wurde, weisen darauf hin, dass in der Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeuges eine Software arbeitet und hilft die Emissionswerte „zu optimieren“.

Die Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einer standardisierten Prüfsituation befindet und wählt beim Erkennen einer solchen Situation einen Betriebsmodus aus, in dem der Stickoxidausstoß geringer ist als im realen Fahrbetrieb.

Der Sachverständige überprüfte, ob in dem Audi eine Erkennung des NEFZ (Neue Europäische Fahrzyklus) vorliegt und wie das Fahrzeug auf bestimmte Änderungen in den Prüfungsabläufen reagiert.

Im Rahmen der Prüfung wurde folgende Prüfabläufe (Phasen) in Erwägung gezogen:

  1. Die Lenkung nach dem Starten und vor dem Anfahren auf dem Prüfstand bewegen. Damit hätte das Fahrzeug mindestens einmal eine Lenkinformation erhalten.
  2. Nach dem Durchfahren des City-Zyklus die Zündung des Fahrzeugs einmal abstellen, um dem Fahrzeug zu signalisieren, dass ein neuer Fahrzyklus beginnt.
  3. Die Umgebungstemperatur des Fahrzeugs gegenüber der NEFZ-Norm verringern.

Sowohl bei Phase 1 als auch bei Phase 2 des NEFZ wurden Umgebungstemperaturen von 23 Grad und 15 Grad durchfahren. Dabei wurde festgestellt, dass sowohl in Phase 1 als auch in Phase 2 bei Einhaltung der Außentemperatur von 23 Grad Celsius die vorgegebenen Grenzwerte von NOx von 180 mg eingehalten werden. Bei Senkung der Außentemperatur auf 15 Grad Celsius steigen die NOx Emissionen jedoch an.

Anhand der Prüfung lässt sich unschwer erkennen, dass sich das Abgasreinigungssystem deutlich anders verhält, wenn nicht exakt die Bedingungen vorliegen, die vom Motorsteuerungsgerät auf dem Prüfstand erwartet werden.

Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass in dem untersuchten Audi eine unzulässige Umschaltlogik verbaut ist.

OLG Hamm contra Audi, Porsche Cayenne 3.0 TDI, EA897, Euro 6

Das OLG Hamm hat Audi mit Urteil vom 11.10.2021 zu Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Audi muss das streitgegenständliche Fahrzeug, einen Porsceh Cayenne 3.0 TDI Euro6, der über den Motortyp EA897 verfügt, zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Auf den Kaufpreis hat sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen zu lassen.

Das OLG Hamm bestätigt mit dieser Entscheidung, dass beim EA897, Euro6 eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt.

LG Kiel contra Audi, Audi A6, EA897, Euro 6

Das LG Kiel hat Audi zu Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt, Az. 2 O 130/21. Audi muss das streitgegenständliche Fahrzeug, einen Audi A6 3.0 TDI Euro 6 mit dem Motortyp EA897 zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Auf den Kaufpreis hat sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen zu lassen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hat für das Modell einen Rückruf wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems angeordnet. Aus dem Rückruf-Bescheid des KBA gehe deutlich hervor, dass die Wirkung des Emissionskontrollsystems durch die Verwendung einer sog. Aufheizstratege in Verbindung mit einer Erkennung des Prüfzyklus unzulässig reduziert werde, führte das LG Kiel aus.

OLG Düsseldorf holt amtliche Auskunft bzgl. VW EA288 ein

Das OLG Düsseldorf hat inm dem Verfahren Az. I-17 U 365/20 einen Beweisbeschluss verfügt und richtet in dem Zusammenhang eine Reihe von Fragen an das KBA.

Es soll damit vorrangig geklärt werden, weshalb das KBA bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug Golf VII 2.0 mit dem Motortyp EA-288 und der Abgasnorm Euro 6 entschieden hat, dass dieses Fahrzeug nicht über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt, obwohl das Fahrzeug bei allen Prüfzyklen außer dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ kalt) den gesetzlichen Grenzwert überschritten hat. Im Falle des RDE-Werts, also des Emissionsausstoßes im Straßenverkehr unter realen Umweltbedingungen, wird der gesetzliche Grenzwert sogar um das 3,6-fache überschritten.

In dem Beweisbeschluss wirft das OLG Düsseldorf weitere relevante Fragen auf:

Welche Funktion hat die in dem Fahrzeug programmierte Fahrkurvenerkennung (Zykluserkennung), die die Beklagte dem KBA im Oktober 2015 offengelegt hat?

Ist die Fahrkurvenerkennung bei den im Rahmen der Untersuchungskommission „Volkswagen“ durchgeführten Tests des genannten Golf VII zeitweise deaktiviert worden? Wenn ja, wie hat sich dies auf die Einhaltung des NOX-Grenzwerts ausgewirkt?

Verfügt das KBA über Erkenntnisse und wenn ja, welche, weshalb die Beklagte bei Gebrauchtwagen mit dem Motor EA288, die vor der Kalenderwoche 22 des Jahres 2016 produziert wurden, zunächst die Fahrkurvenerkennung nicht entfernen lassen wollte, diese Entscheidung im Juli 2016 jedoch revidiert hat?

OLG Schleswig contra VW

Das OLG Schleswig hat mit Urteil vom 31.08.2021, Az. 7 U 187/20 die Berufung von VW zurückgesiesen und VW zu Schadenersatz verurteilt.

Vorangegangen war ein Rechtsstreit vor dem LG Kiel, in welchem VW, wie üblich, zunächst hinsichtlich des deliktischen Schadenersatzanspruchs aus § 826 BGB wegen vorssätzlicher sittenwidriger Schädigung, die Einrede der Verjährung gerügt hatte. Nachdem das LG Kiel in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass dem Kläger ein Anspruch auf Restschadensersatz gemäß § 852 BGB zustehen würde und dieser nicht verjährt sei, lies VW mit dem gewährten Schriftsatznachlass die Einrede der Verjährung fallen. Folglich verurteilte das LG Kiel VW zu Schadensersatz und VW legte Berufung zum OLG Schleswig ein. In dem Berufungsverfahren erhob VW dann wieder die Einrede der Verjährung.

Das OLG Schleswig stellte recht deutlich fest, dass dieses Vorgehen als unzulässige Rechtsausübung zu werten war.

So stellte das OLG zutreffend fest, dass es der „Verteidigungsstrategie“ von VW entsprochen habe, durch das „Fallenlassen der Verjährungseinrede“ möglichst gerichtliche Entscheidungen zu § 852 BGB im Zusammenhang mit dem VW Dieselskandal zu vermeiden.

Das OLG Schleswig stellte darüber hinaus auch ergänzend klar, dass ein Anspruch des Klägers in der gleichen Höhe auch ohnehin aus § 852 BGB folgen würde, was jedenfalls bei einem Neuwagenkauf gelte. Selbst falls man die Verjährungseinrede für durchgreiflich erachten wollte, haftet VW dennoch auf Schadensersatz. Dann zwar nicht wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, sondern wegen des Restschadenersatzanspruchs aus § 852 BGB, welcher einer 10-jährigen Verjährungsfrist unterliegt.

LG Kempten holt Sachverständigengutachten bzgl. Fiat ein

Das LG Kempten hat mit Verfügung vom 23.09.2021, Az. 31 O 851/21 angekündigt ein Sachverständigengutachten einzuholen, falls Stellantis die den substantiierten klägerischen Vortrag ausführlich bestreiten sollte.

Beim dem streitgegenständlichen Motor handelt es sich um einen Multijet 2,3l mit 150 PS und der Abgasnorm Euro 5b.

Die Fiatmotoren der Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 (mit Ausnahme der Euro 6d temp) sind so programmiert, dass die Abgasreinigung nach ca. 22 Minuten deaktiviert wird. Der Testlauf auf dem Prüfstand dauert ca. 20 Minuten, so dass die Fahrzeuge auf dem Prüfstand die Abgasnormen einhalten, im Realverkehr aber gar keine Abgasnorm einhalten bzw. besitzen.