LG Flensburg erneut contra VW

Das LG Flensburg hat mit Urteil vom 11.7.2018, Az. 5 O 36/17, der Klage des Klägers stattgegeben. Beklagte waren sowohl ein Autohaus, als auch VW.

Gegen das Autohaus wurde auf Rücktritt vom Kaufvertrag geklagt, gegen VW auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB.

Das LG Flensburg verurteilte das Autohaus und VW als Gesamtschuldner zur Zahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des vom VW-Abgasskandal betroffenen VW Tiguan.

Damit hat das LG Flensburg erstmalig neben dem Schadenersatzanspruch gegen VW aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auch den Rücktrittsanspruch gegen den Händler bejaht.

Der Kläger muss sich die gefahrenen Kilometer als Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Hierbei nahm das Gericht eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 250.000 km an.

Unstimmigkeiten auch bei Nissan

Der Autobauer Nissan hat in fast allen Werken Fehler bei der Abgas- und Spritverbrauchsmessung entdeckt. Die Testumgebungen dafür entsprächen nicht den Vorschriften.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hat Nissan nun Mängel bei Fahrzeugtests einräumen müssen. Bis Ende des Monats sollen Fehler bei der Abgas- und Spritverbrauchsmessung in Ordnung gebracht werden, teilt Japans Nummer Zwei unter den Autobauern mit. „Eine vollständige und umfassende Untersuchung der Fakten – einschließlich der Ursachen und des Hintergrunds – ist im Gange“ so der Konzern.

Gleichzeitig sickerte durch, dass Nissan offenbar bereits seit 1979 (!) Schwierigkeiten mit den Abgasmessungen habe.

Es bleibt daher spannend, was diesbezüglich noch auf uns zukommen wird.

Die neuen EURO-Normen und Kfz-Steuer

Seit dem 1.9.2017 ist die neue Abgasprüfung für die Typzulassungen in Kraft. Danach erhalten neue Autos vom Kraftfahrt-Bundesamt nur noch dann eine Typgenehmigung, wenn sie den Abgasnormen 6c und 6d-TEMP entsprechen. Dabei sind die Grenzwerte gleich geblieben, es wird nur anders gemessen: Die Autos müssen das Einhalten der Emissionsgrenzen auf dem Rollenprüfstand statt nach dem NEFZ-Testzyklus nun nach der deutlich strengeren WLTP-Norm beweisen (Euro 6c).

Darüber hinaus wird das Abgasverhalten jetzt auch auf der Straße geprüft, mit einer sog. RDE-Messung (Euro 6d-TEMP). Durch die „Real Drive Emission“-Messung wird geprüft, wie das reale Abgas-Emissionsverhalten auf der Straße ist. Dafür fährt ein Prüfer mit einem Fahrzeug, das mit dem Messsystem PEMS (Portable Emissions Measurement System) ausgerüstet ist im normalen Straßenverkehr.

Beide EURO-Normen gelten seit 1. September 2017 für alle neuen Typzulassungen und ab 1. September 2018 dann für alle Neuwagen. Euro 6c übernimmt die Grenzwerte von Euro 6 (2014/15), sie müssen jetzt aber nach dem WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) bestimmt werden.

Für Ottomotoren mit Direkteinspritzung gelten nun zudem die geringeren Werte für Rußpartikelausstoß, die seit Euro 6 bereits für Dieselmotoren galten. Immer mehr Autos mit Benzinmotor kommen daher jetzt – wie Diesel – mit Rußpartikelfilter auf den Markt. Das ist auch der Grund, warum es derzeit Engpässe bzw. Produktionsstopps gibt. So ist z.B. bei Porsche seit geraumer Zeit kein Neufahrzeug bestellbar.

Parallel gültig ist die Abgasnorm Euro 6d-TEMP, sie sieht eine zusätzliche Messung auf der Straße (RDE-Verfahren) vor. Die hier ermittelten Werte dürfen die im Labor abgeprüften übersteigen, aber nur um den Faktor 2,1. Die Emissionen dürfen also auf der Straße etwas mehr als doppelt so hoch sein. Dieser sog. „Konformitätsfaktor“ sinkt ab 2020 (Euro 6d) auf 1,5.

Dem WLTP-Testaufbau liegen reale Nutzungsdaten ganz normaler Autofahrer aus China, den USA, Indien oder Europa zugrunde. Im Unterschied zu NEFZ müssen neue Autos für die Typgenehmigung jetzt länger fahren (30 statt 20 Minuten), mit weniger Stillstand (13 Prozent statt 25 Prozent), bei höheren Geschwindigkeiten (im Schnitt Tempo 46, bis zu Tempo 131 statt 34/120 km/h) und auch bei kälteren Temperaturen.

Auch die Reichweiten-Angabe von E-Autos wird so deutlich realitätsnäher. Zudem muss der Einfluss zahlreicher Sonderausstattungen auf die CO2-Emissionen separat ermittelt werden. So dass das Extragewicht durchs Schiebedach oder der Mehrverbrauch durch breitere Reifen nun in die Werte einfließen. Im Konfigurator wird dann künftig der Mehrverbrauch mit Sonderausstattung angezeigt.

Weil sich in dem neuen Testverfahren der Verbrauch und damit die CO2-Emissionen erhöhen – Experten gehen von durchschnittlich 20 Prozent aus –, wird auch die nach dem CO2-Ausstoß bemessene Kfz-Steuer teurer, eine Anpassung ist nicht vorgesehen.

Steigt der Verbrauch des gleichen Fahrzeugs nach Änderung der Norm um zehn, 20 oder mehr Prozent, dann muss der Halter entsprechend mehr Kfz-Steuer bezahlen. Das gilt nur für alle neu zugelassenen Fahrzeuge ab dem 1. September 2018, für bereits zugelassene Fahrzeuge besteht Bestandsschutz.

KBA ermittelt nun auch gegen Opel

Im Abgasskandal geht das Kraftfahrtbundesamt (KBA) nun auch einem Manipulationsverdacht bei Opel nach. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte am Samstag einen Bericht der „Bild am Sonntag“, wonach das Bundesamt belastbare Hinweise gefunden habe. Das KBA hat Hinweise gefunden, wonach Opel bei bestimmten Fahrzeugen die Abgasnachbehandlung aus technisch nicht erklärbaren Gründen während der Fahrt komplett abschaltet. Betroffen sind zunächst etwa 60.000 Dieselfahrzeuge der Modelle Cascada, Insigna und Zafira mit der Abgasnorm EURO6.

Die Grenzwerte für Stickoxide wurden um mehr als das 10-fache überschritten.

Das KBA hat Opel über den Verdacht informiert und zur Stellungnahme aufgefordert. Dafür hat der Hersteller nun zwei Wochen Zeit.

Interessant ist dies vor dem Hintergrund, dass das KBA zu Beginn des Abgasskandals bereits Unstimmigkeiten bei Opel festgestellt hatte, in der Folge aber stets nur gegen andere Konzerne vorgegangen wurde. Nun trifft es Opel scheinbar doch.

Betroffene Mercedes Modelle

Eine Liste der nach dem derzeitigen Ermittlungsstand des Kraftfahrtbundesamtes vom Mercedes-Abgasskandal betroffenen Mercedes Modelle finden Sie auf unserer Mercedes-Abgasskandal Seite:

https://mercedes-abgasskandal.com/vorlaeufige-uebersicht-der-betroffenen-modelle/

Sollten Sie auch vom Mercedes-Abgasskandal betroffen sein und wollen Ihre Rechte wahren, dann kontaktieren Sie uns.

Dieselfahrverbote ab 2019 auch in Stuttgart

Ab 2019 wird es eine Fahreinschränkung in der grünen Umweltzone für ältere Diesel Euro 4 und schlechter geben mit einer Übergangsregelung für die Anwohner und angemessenen Ausnahmen für Handwerker und Lieferverkehre, teilte nun Andreas Schwarz von der grünen Landtagsfraktion in Baden-Württemberg mit.

Das geht der Deutschen Umwelthilfe nicht weit genug: Sie verlangt, dass es keine Ausnahmeregeln für Anwohner geben und auch Fahrzeuge mit Abgasnorm Euro 5 auf besonders belasteten Strecken nicht fahren sollten. Deshalb läuft gerade ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart. Der Prozessausgang wird mit Spannung erwartet.

OLG Karlsruhe contra VW

Das OLG Karlsruhe ist weiterhin der Auffassung, dass die Nachbesserung per Software-Update unzumutbar sein dürfte, da das Update vom Hersteller des Motors und Urheber der ursprünglichen Schummelsoftware stamme. Vor diesem Hintergrund soll ein Rücktritt selbst ohne vorherige Nachfristsetzung möglich sein. Ggf. würde das Gericht aber eine Frist von zwei Monaten für ausreichend erachten.

Es hatte u.a. ausgeführt, dass die Lieferung eines Kraftfahrzeugs, dessen Motor (EA 189) mit einer Software ausgerüstet ist, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi für den Prüfstand und die Straße aufweist, wobei nur ersterer die Abgasrückführung dergestalt optimiert, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden, eine Pflichtverletzung des Kaufvertrags in Form der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache (jedenfalls nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) darstellen dürfte. Diese Pflichtverletzung dürfte erheblich sein (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Dies ergebe sich schon daraus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt tätig werden musste. Die ggf. nur geringfügigen Nachbesserungskosten stünden dem nicht entgegen.

Es spreche vieles dafür, dass der Käufer ausnahmsweise ohne Setzung einer angemessenen Nachfrist zum Rücktritt berechtigt sein könnte, da die ihm einzig zustehende Art der Nacherfüllung in Form der Nachbesserung (per Software-Update) durch den unstreitig allein dazu fähigen Hersteller des Motors und Urheber der ursprünglich inkorporierten Abschalteinrichtung nach § 440 Satz 1 Var. 3 BGB möglicherweise unzumutbar wäre. Dies dürfte unabhängig davon gelten, ob der VW AG als Herstellerin des Motors eine arglistige Täuschung oder ein anderes zu einer eigenen deliktischen Haftung führendes Verhalten angelastet werden kann, wofür allerdings nach Ansicht des Senats Einiges spricht.

Unabhängig davon würde eine von dem Käufer gesetzte, aber unangemessen kurze Frist den Lauf einer angemessenen Frist in Gang setzen, die der Senat unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mit maximal zwei Monaten bemisst.

Auch zu den Modalitäten der angestrebten Rückabwicklung hat der Senat in einigen Fällen bereits Hinweise erteilt. Den vom Käufer bei einer Rückabwicklung geschuldeten Nutzungsersatz könnte der Senat demnach in Fällen der vorliegenden Art in Anlehnung an den Bundesgerichtshof auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km berechnen.

Erster Fall beim BGH

Die erste Klage eines vom VW Abgasskandal betroffenen Kunden liegt inzwischen am Bundesgerichtshof (BGH). Diese könnte für den VW Konzern sehr gefährlich werden. Denn eine Grundsatzentscheidung des BGH zugunsten des Käufers könnte eine Klage-Lawine von bisher zögerlichen Kunden auslösen. Wobei die Verjährung zum Ende des Jahres (2018) droht, so dass ein zu langes Zuwarten nachteilig wäre.

Volkswagen hat bereits zahlreiche Verfahren vor diversen Oberlandesgerichten bestritten. Nach Angaben eines VW-Sprechers gibt es „etwa ein Dutzend“ Urteile, davon sei nur ein einziges vom Kläger gewonnen worden. Dieses kommt aus Köln und wir hatten entsprechend berichtet. Das klingt auf den ersten Blick sehr erfolgreich für die Wolfsburger, ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn in vielen OLG-Verfahren hat VW im letzten Moment die Notbremse gezogen. Wenn sich eine Niederlage abzeichnete, was sich aus zahlreichen Hinweisbeschlüssen der OLGs ableiten lies, auch hierüber hatten wir berichtet, schloss VW einen Vergleich mit der Klagepartei.

So auch am OLG Karlsruhe. Dort war für den 26.6.2018 die Urteils-Verkündung in sechs Verfahren gegen VW angesetzt. Doch alle Termine wurden kurzfristig abgesagt. Vier davon wegen einer „außergerichtlichen Vergleichsvereinbarungen“, wie ein Sprecher bestätigt. Zuvor hatte der 17. Zivilsenat des OLG Karlsruhe in seinen Terminsverfügungen unmissverständlich klar gemacht, dass er die Klagen der VW-Kunden für berechtigt hält: Die Richter schrieben von einer „Lieferung einer mangelhaften Kaufsache“ und stellten fest: „Diese Pflichtverletzung dürfte erheblich sein.“ Deshalb spreche „vieles dafür“, dass der Kunde vom Kaufvertrag zurücktreten darf – und zwar „unabhängig davon“, ob Volkswagen eine arglistige Täuschung oder ähnliches angelastet werden kann, „wofür allerdings … einiges spricht“. Nach alledem ist es nicht verwunderlich, dass VW die Forderungen der Klageparteien großzügig erfüllt, ohne Urteile abzuwarten. VW möchte offensichtlich verhindern, dass höherinstanzliche Urteile gegen das Unternehmen gesprochen werden, was wir bereits mehrfach berichteten. VW bestreitet diese Taktik vehement und erklärt, die Vergleiche dienten vielmehr dazu, die Beziehung zu den Kunden zu erhalten – anstatt sich zu zerstreiten.

VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche, Mercedes, BMW, Fiat…..?

Es werden immer mehr Hersteller, bei denen das Kraftfahrt Bundesamt unzulässige Abschalteinrichtungen feststellt. Sind auch Sie betroffen und verunsichert? Dann erfahren Sie hier auf unseren spezifischen Seiten zum VW- (gesamter Konzern) und Mercedes-Abgasskandal mehr.

https://mercedes-abgasskandal.com/dieselfahrverbote-wertverfall-unsicherheit-wegen-des-software-updates-schadenersatz/