Porscheverfahren vor dem EuGH

Das Landgericht Stuttgart hat ein Verfahren im Diesel-Abgasskandal zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Der EuGH soll nun die nachstehenden Fragen/Punkte klären:

I. Auslegung des Begriffs »Abschalteinrichtung«

1. Ist Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass der Begriff „Konstruktionsteil“ nur ausschließlich mechanische Elemente eines physischen Gebildes erfasst?

2. Für den Fall, dass Frage 1. verneint wird: Ist Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass vom Emissionskontrollsystem nur die im Motorstrang nachgelagerte Abgasreinigungsanlage (z. B. in Form von Diesel-Oxidations-Katalysatoren, Dieselpartikelfilter, NOx-Reduktionskatalysatoren) erfasst wird?

3. Ist Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass vom Emissionskontrollsystem sowohl innermotorische als auch außermotorische Maßnahmen zur Emissionsminderung erfasst werden?

II. Auslegung des Begriffs »normale Betriebsbedingungen«

1. Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass der Begriff der »normalen Betriebsbedingungen« nur die Fahrbedingungen im NEFZ-Zyklus umschreibt?

2. Für den Fall, dass die Frage 1. verneint wird: Ist Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz. 2 in Verbindung mit. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass die Hersteller gewährleisten müssen, dass die in Anhang l der Verordnung festgelegten Grenzwerte auch im Alltagsgebrauch eingehalten werden?

3. Für den Fall, dass Frage 2. bejaht wird: Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass der Begriff der »normalen Betriebsbedingungen« die tatsächlichen Fahrbedingungen im Alltagsgebrauch umschreibt?

4. Für den Fall, dass Frage 3. verneint wird: Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass der Begriff der »normalen Betriebsbedingungen« die tatsächlichen Fahrbedingungen im Alltagsgebrauch unter Zugrundelegung einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 33,6 km/h und einer Maximalgeschwindigkeit von 120,00 km/h umschreibt?

III. Zulässigkeit temperaturabhängiger Emissionsminderungsstrategien

1. Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass eine Ausrüstung eines Fahrzeugs unzulässig ist, wonach ein Bauteil, welches das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflusst, so konstruiert ist, dass die Abgasrückführrate so geregelt wird, dass es nur zwischen 20° und 30°C einen schadstoffarmen Modus gewährleistet und außerhalb dieses Temperaturfensters sukzessive verringert wird?

2. Für den Fall, dass Frage 1. verneint wird: Ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass eine Abschalteinrichtung gleichwohl unzulässig ist, wenn sie fortlaufend außerhalb des Temperaturfensters zwischen 20° und 30°C zum Schutz des Motors arbeitet und dadurch die Abgasrückführung erheblich verringert ist?

IV. Auslegung des Begriffs »notwendig« im Sinne des Ausnahmetatbestandes

1. Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass eine Notwendigkeit für den Einsatz von Abschalteinrichtungen im Sinne der Norm nur dann zu bejahen ist, wenn auch unter Einsatz der im Zeitpunkt der Erlangung der Typgenehmigung für das jeweilige Fahrzeugmodell verfügbaren Spitzentechnologie der Schutz des Motors vor Beschädigung oder Unfall und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht zu gewährleisten war?

2. Für den Fall, dass die Frage 1. verneint wird: Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst, a) der Verordnung (EG) dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass eine Notwendigkeit für den Einsatz von Abschalteinrichtungen im Sinne der Norm zu verneinen ist, wenn die in der Motorsteuerung hinterlegten Parameter so gewählt sind, dass die Abgasreinigung aufgrund ihrer vorgegebenen Temperaturabhängigkeit wegen der gewöhnlich zu erwartenden Temperaturen während eines Großteils des Jahres nicht oder nur eingeschränkt aktiviert wird?

V. Auslegung des Begriffs »Beschädigung« im Sinne des Ausnahmetatbestands

1. Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass nur der Motor vor Beschädigung geschützt werden soll?

2. Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst, a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass der Begriff der Beschädigung zu verneinen ist, wenn sog. Verschleißteile (wie Z.B. das AGR-Ventil) betroffen sind?

3. Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst, a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass auch andere Bauteile des Fahrzeugs, insbesondere die im Abgasstrang nachgelagerten Komponenten vor Beschädigung oder Unfall geschützt werden sollen?

VI. Rechts- und Sanktionswirkungen der Verstöße gegen EU-Recht

1. Sind Art. 4 Abs. 1 Unterabs 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2, Art 5 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass sie zumindest auch das Vermögen des Erwerbers eines Fahrzeugs schützen, das nicht den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 71572007 entspricht?

2. Für den Fall, dass Frage 1. verneint wird: Sind Art. 4 Abs. 1 Unterabs 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2, Art 5 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dahingehend auszulegen und anzuwenden, dass die Mitgliedstaaten einen Sanktionsmechanismus vorsehen müssen, welcher den Fahrzeugerwerbern aus Gründen des effet utile eine Klageberechtigung zur Durchsetzung des marktordnenden Unionsrecht einräumt?

3. Sind Art. 18 Abs. 1 und 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG dahin auszulegen und anzuwenden, dass der Hersteller gegen seine Pflicht zur Erteilung einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG verstößt, wenn er in das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 eingebaut hat und das Inverkehrbringen eines solchen Fahrzeugs gegen das Verbot des Verkaufs ohne gültige Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG verstößt?

4. Ist es Zweck und Intention der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sowie der Richtlinie 2007/46/EG, dass die in Anhang l der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 festgelegten Grenzwerte bzw. die Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG iVm. der Verordnung (EG) Nr. 385/2009 käuferschützende Rechte dergestalt begründen, dass der Verstoß gegen die qualitätsbegründenden Grenzwerte der Verordnung bzw. gegen das Zulassungsrecht eine Anrechnung von Nutzungsvorteilen bei der Rückabwicklung des Fahrzeugs gegenüber dem Hersteller unionsrechtlich verbietet?

Vergleichsangebot der Musterfeststellungsklage prüfen

Ab morgen, den 20.3.2020, will VW mit einem Online-Portal den Vergleich in der Musterfeststellungsklage für etwa 260.000 Verbraucher abwickeln. Dann gilt es für die Betroffenen, sich das jeweilige individuelle Vergleichsangebot genau unter die Lupe zu nehmen. Nicht für jeden Halter wird das Vergleichsangebot zufriedenstellend sein. Schließlich sollen sich die Entschädigungssummen pro Fahrzeug auf 1.350 – 6.257 € belaufen. Durchsschnittlich soll es sich um etwa 14,9% des Kaufpreises handeln.

Wir beraten Sie gerne kostenlos über Ihr individuelles Vergleichsangebot und zeigen Ihnen die alternativen Möglichkeiten einer individuellen Klage auf.

Kontaktieren Sie uns unter:

0461 97887818 oder info@juengst-kahlen.de

OLG Brandenburg contra VW

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat VW mit Urteil vom 04.03.2020, Az. 4 U 65/19, wegen vorsätzlicher sittenwirdiger Schädigung zum Schadenersatz nach § 826 BGB verurteilt.

VW muss das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Allerdings muss sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Das OLG ging hier von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km aus.

Besonders an der Entscheidung des OLG Brandenburg ist die Tatsache, dass das OLG der Klagepartei noch deliktische Zinsen zusprach.

Alle Porsche Diesel mit unzulässigen Abschalteinrichtungen

Der Abgasskandal begann für Porsche 2017 mit dem Rückruf des Porsche Cayenne. In den Modellen mit dem 3,0-Liter-TDI-Motor des Typs EA897 mit der Abgasnorm Euro 6 fand das KBA unzulässige Abschalteinrichtungen zur Abgasmanipulation.

Wenige Zeit später wurde öffentlich, was aufgrund des gleichen Motors zu erwarten war, dass auch in dem Porsche Macan mit der Abgasnorm Euro 6 ebenfalls unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sind, die die Abgasreinigung während des Normalbetriebs drosseln.

Medienberichten zur Folge hat das KBA in weiteren Porsche-Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen entdeckt und den Autobauer dazu aufgefordert, eine technische Lösung zu entwickeln. So arbeite Porsche aktuell an einem Softwareupdate für den Cayenne 4,2-Liter V8 Diesel mit den Abgasnormen Euro 5 und 6 und für den Panamera 4,0-Liter V8 Diesel mit der Abgasnorm Euro 6. Sobald die Updates fertiggestellt und vom KBA freigegeben sind, wird auch hinsichtlicher diese Fahrzeuge ein verpflichtender Rückruf erfolgen.

Damit sind dann alle DieselFahrzeuge von Porsche in den Abgasskandal verwickelt.

Am 31.1.2019 hatte Porsche beim KBA eine Selbsanzeige erstattet. Es ging um den Klassiker, den Porsche 911, aus den Baujahren 2016 und 2017. Diese Fahrzeuge sollen im Betrieb mehr verbrauchen als vom Hersteller angegeben. Auch hier können Rückrufe folgen.

Sind auch Sie vom Abgasskandal betroffen, dann kontaktieren Sie uns und profitieren Sie von unsere kostenlosen Erstberatung, sowie unserer erfolgreichen Kompetenz auf dem Gebiet des Abgasskandals. Wir sind eine der ersten vier Kanzleien in Deutschland, die sich mit der Thematik auseinander gesetzt haben und wir können auf eine Erfolgsquote von 98% zurückblicken.

BMW 750 mit unzulässiger Abschalteinrichtung?

Für den BMW 750d gab es zwar schon im März 2018 einen durch das KBA angeordneten Pflichtrückruf. Hintergrund waren zu hohe NOx-Werte. BMW teilte mit, dass dies an einer fehlerhaft Software lag.

Jetzt hat das KBA erneut Zweifel an der Abgasreinigung. Wie die Süddeutsche Zeitung am 28.2.2020 berichtet, reduziert sich die Abgasreinigung bei einem BMW 750d xDrive schon nach einer Laufleistung von etwa 56.000 km sehr stark bis nahezu zur Deaktivierung. Dies ist einer thermischen Überbeanspruchung des Katalysator-Wabenmaterial geschuldet, welches durch die Überbeanspruchung beschädigt ist, ferner kommen weitere Rußablagerungen hinzu. Die Süddeutsche Zeitung bezieht sich auf ein Beweissicherungsgutachten.

OLG Dresden contra VW

Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat VW in zwei Fällen mit Urteilen vom 5.3.2020, 10a U 1834/19 und 10a U 1907/19 zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Nach Ansicht der Richter steht den Käufern ein Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises zu, weil VW sie mit „manipulierter Motorsteuerungssoftware getäuscht und damit vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe“. Allerdings müssen sich die Kläger nach der Auffassung des OLG Dresden eine Nutzungsentschädigung für die gefahreren Kilometer anrechnen lassen.

OLG Saarbrücken contra VW

Das OLG Saarbrücken verurteilte VW (Az.: 2 U 128/19) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz. VW muss das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Die Klagepartei muss sich für die gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.

LG Krefeld contra Porsche

Das Landgericht Krefeld hat Porsche und den Vertragshändler (Verkäufer) mit Urteil vom 15.01.2020, 2 O 470/18, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz verurteilt. Die Porsche AG und der Vertragshändler müssen das fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Der Kläger muss sich einen Gebrauchsvorteil für die gefahrenen Kilometer (Nutzungsentschädigung) anrechnen lassen. Hier ging das LG Krefeld überraschend jedoch nur von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 250.000 km aus.

Zudem sprach das LG Krefeld dem Kläger deliktische Zinsen vom Tag nach der Übergabe des Fahrzeuges zu.

EuGH zur Nutzungsentschädigung

Nachdem das OLG Hamburg und das OLG Brandenburg, wir hatten berichtet, die Nutzungsentschädigungzugunsten der Klagepartei reduzierten, hat nun auch der Europäische Gerichtshof über die Nutzungsentschädigung zu entscheiden. Hintergund ist Folgender: Bislang haben – von ein paar Ausnahmen abgesehen – die Landgerichte VW zum Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. VW musste das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Die Klagepartei musste sich für die gefahrenen Kilometer eine sog. Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, welche vom Kaufpreis in Abzug gebracht wird, so dass VW nicht den vollen Kaufpreis erstatten muss.

Nachdem eine Anzahl an Landgerichten VW ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung verurteilt haben und nun auch die beiden OLG Hamburg und Brandenburg die Sinnhaftigkeit der Nutzungsentschädigung in Frage stellen, bzw. hinsichtlich der Kilometer auf einen früheren Zeitpunkt abstellen und den Klageparteien somit einen höheren Schadenersatz zusprechen, liegt das Thema Nutzungsentschädigung nun auch dem EuGH vor.

Das Landgericht Gera hat insgesamt 4 Vorabentscheidung in VW-Abgasskandal-Verfahren zum EuGH entsandt (Az. C 633/19; C 759/19; C 809/19 und C 808/19).

In dem ersten Verfahren des LG Gera (Az. C 663/19), will das LG Gera vom EuGH entschieden wissen, ob VW durch den Einbau einer illegalen Abschalteinrichtung EU-Recht gebrochen hat, das auch den Käufer des Fahrzeugs schützen soll. Wenn der EuGH dies bestätigt, ist VW nach § 826 BGB zum Schadenersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu verurteilen. Außerdem soll der EuGH für das LG Gera die Frage beantworten, ob VW bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrags überhaupt eine Nutzungsentschädigung zusteht. Schließlich hat VW gegen seine europarechtlichen Pflichten verstoßen und seine Kunden getäuscht. Darf das honoriert werden, indem eine Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen ist? Das LG Gera übermittelte die folgende Gerichtsvorlage an den EuGH:

„Sind §§ 6, 27 EG-FGV bzw. Art. 18 Abs. 1, 26 Abs. 1, 46 der Richtlinie 2007/46/EG und Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 715/2007 dahin auszulegen, dass im Falle eines Verstoßes hiergegen die Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs auf den Schaden des Endkunden ganz oder teilweise (ggf.: in welcher Weise bzw. in welchem Umfang?) zu entfallen hat, wenn der Endkunde wegen dieses Verstoßes die Rückgängigmachung des Fahrzeugkaufvertrages verlangen kann und verlangt? Ändert sich an der Auslegung etwas, wenn der Verstoß einhergeht mit der Täuschung der Genehmigungsbehörden und der Endkunden darüber, dass alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind und der Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist, und Verstoß und Täuschung zu dem Zweck der Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen unter gleichzeitiger Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils auf Kosten der ahnungslosen Kunden erfolgen?“

OLG Oldenburg contra Verjährung

Das OLG Oldenburg hat mit seinen Urteilen, Az. 1 U 131/19 und 1 U 137/19 vom 30.1.2020 klargestellt, dass die Verjährungsfrist im VW-Abgasskandal noch nicht im 2015 begonnen hat und somit die Ansprüche nicht nach dem 31.12.2018 verjährt sind.

Damit sind Klagen, die 2019 gegen VW eingereicht wurden, noch nicht verjährt.

Nach den Ausführungen des OLG Oldenburg gehören zum Verjährungsbeginn nicht nur die Kenntnis von Schaden und Schädiger, sondern auch die Kenntnis der Tatsachen, auf deren Grundlage der Anspruchsinhaber eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage erheben kann. Für eine Klage muss der Kläger nicht alle Details kennen, allerdings muss auch nicht schon Klage erhoben werden, wenn der Sachverhalt noch weitgehend ungeklärt ist.

VW hatte im September 2015 mitgeteilt, dass es bei dem Motor EA 189 „eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ gebe. Der Konzern hatte aber bestritten, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Position im Konzern Kenntnis davon gehabt hätten. Nach dem OLG Oldenburg sei der Umfang des Gesamtkomplexes erst im Laufe des Jahres 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden. Die Geschädigten hätten daher zwar bereits 2015 von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge erfahren, von den Umständen, die eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründeten, aber erst später. Eine Klageerhebung sei daher bis Ende 2015 noch nicht zumutbar gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist sei daher Ende 2018 noch nicht abgelaufen gewesen. Die Geschädigten hätten daher auch im Jahr 2019 noch klagen können, so das OLG Oldenburg.