BGH äußert sich zur Verjährung
Der BGH hat mit Urteil vom 17.12.2020, VI ZR 739/20 entschieden, dass der Schadenersatzanspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB innerhalb der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist verjährt. Das war klar.
Entgegen der medialen Berichterstattung hat der BGH – hinsichtlich dem Beginn der Verjährungsfrist – allerdings nicht auf die ad-hoc-Mitteilung von VW im Herbst 2015 abgestellt, sondern richtigerweise auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers, dass sein individuelles Fahrzeug betroffen ist. Im Fall des BGH erlangte der Kläger im Jahr 2015 nicht nur allgemein von dem damals aufgedeckten „Dieselskandal“ Kenntnis, sondern auch konkret davon, dass sein Fahrzeug hiervon betroffen war.
Die für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren erforderliche Kenntnis des Geschädigten von den den Anspruch begründenden Umständen sei vorhanden, so der BGH, wenn ihm die Erhebung einer Schadenersatzklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich und zumutbar ist.
Damit war der Anspruch mit Ablauf des 31.12.2018 verjährt. Klage erhob der Kläger allerdings erst im Jahre 2019.
Für die Zumutbarkeit der Klageerhebung und damit den Beginn der Verjährungsfrist habe es keiner näheren Kenntnis des Klägers von den „internen Verantwortlichkeiten“ im Hause der Beklagten bedurft, meint der BGH weiter. Insbesondere sei es nicht erforderlich gewesen, die Verwirklichung des Tatbestands des § 826 BGB zuverlässig einer namentlich benannten Person im Hause der Beklagten zuzuordnen. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der sekundären Darlegungslast könne das Gericht in einem Fall wie dem vorliegenden vom Kläger keinen näheren Vortrag dazu verlangen, welche konkrete bei der Beklagten tätige Person das sittenwidrige Verhalten an den Tag gelegt hat.
Darauf, ob der Kläger bereits 2015 aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog, insbesondere aus ihnen einen Anspruch aus § 826 BGB herleitete, komme es nicht an, unterstreicht der BGH. Der eng begrenzte Ausnahmefall, dass die Erhebung einer (Feststellungs-)Klage wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage unzumutbar war und der Verjährungsbeginn daher hinausgeschoben wurde, liege hier nicht vor. Ausgehend von der schon bestehenden Rechtsprechung des BGH zu § 826 BGB (insbesondere zu Sittenwidrigkeit und Schaden) sowie zur sekundären Darlegungslast sei schon 2015 erkennbar gewesen, dass sich diese Rechtsprechung auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen lassen würde, sodass die Rechtsverfolgung schon 2015 hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach und zumutbar war.
Diese Einzelfallentscheidung ist absolut richtig und zutreffend. Gleichzeitig lässt sich aus der Entscheidung ableiten, dass der BGH als Kenntnis und somit Verjährungsbeginn pauschal auf die ad-hoc-Mitteilung abstellt, sondern jeden Fall individuell betrachtet, nämlich wann Kenntnis von der Betroffenheit des individuellen Fahrzeugs erlangt wurde.